Rückblick

Zofingen, 22.09.2016: Kometenhaftem Aufstieg folgte Absturz

Der jazzclub-zofingen rollte mit Wort und Musik die History der legendären Billie Holiday auf

Der heutigen jüngeren Generation ist der Name „Billie Holiday“ kaum ein Begriff. Der älteren, welche mehrheitlich den „pAlass“ besetzte, aber schon. Billie wurde im Alter von elf Jahren von einem Nachbarn vergewaltigt, lernte im Land der unbegrenzten Möglichkeiten die Schmach der Rassentrennung kennen, musste die Konzertbühnen durch den Hintereingang betreten, erklomm die höchste Spitze der Jazz-Kultur mit Konzerten in der New Yorker Metropolitan Opera (1944) und in der Carnegie Hall (1947), rutschte schon früh in die Drogenszene ab, wurde alkoholabhängig und verdiente zeitweilig den Lebensunterhalt durch Prostitution. Im Mai 1959 musste man sie wegen Leberzirrhose
in das Metropolitan Hospital einliefern. Polizisten umlagerten ihr Sterbebett, um sie wegen Drogenbesitzes zu verhaften. Billie Holiday hatte jedoch nur ein Zeitschriftenhonorar von 750 Dollar in bar bei sich und verfügte über ein Konto von noch 0.70 Dollar. Dies alles, Freudiges wie Leidvolles, floss in ihre Songs ein. Noten hat sie keine hinterlassen, sie besang ihre Erlebnisse und Emotionen aus der Seele heraus. Das macht ihre Songs so lebensnah und nachempfindbar.

Rückblick auf ein intensives Leben

„Lady Day“, wie sie später genannt wurde, wurde 1915 in Philadelphia als Elionora geboren. Ihr Vater war vermutlich der Jazz-Gitarrist Clarence Halliday, auch Holiday genannt. Den Namen „Billie Holiday“ übernahm Elionora, als sie 1929 begann, in Clubs aufzutreten. 1933
entdeckte der Plattenproduzent John Hammond ihr Improvisationstalent. Einige Jahre später sang Billie bei Count Basie und Artie Shaw, sie wurde zum Star. Ihre Mutter verspielte gleichzeitig das Geld ihrer Tochter beim Würfeln. Als Billie ihr Geld zurück verlangte, wurde sie abgewiesen. Ihre Reaktion war „God bless the child“. Das Lied gleichen Namens wurde über eine Million Mal verkauft. Die emotionale Wirkung ihrer Lieder erklärte Bille mit der Bemerkung „Ich habe diese Songs gelebt“. Billie Holiday war auch eine Vorkämpferin der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Ihr Lied „Strange Fruit“ (Sonderbare Frucht) gilt als starke musikalische Positionierung gegen Lynchmorde im Süden der USA. Mit „Strange Fruit“ ist der Körper eines Schwarzen gemeint, der an einem Baum aufgehängt ist.

Einfühlende Interpretationen

Das Konzert im „pAlass“ galt dem Gedenken an Billie Holiday, die neben Ella Fitzgerald und Sarah Vaughan zu den bedeutendsten Jazzsängerinnen gehört. Angenommen haben sich ihr Beatrice Virginia (Vocal), die seit 1998 an der Swiss Jazz School in Bern als Lehrerin für Gesang und Theorie wirkt. Vor vierzig Jahren kam sie in musikalischen Kontakt mit dem Pianisten Christoph Hegi, danach hat sie ihn aus Augen und Ohren verloren. Die nochmalige Zusammenarbeit ergab sich durch das Gedenken an den hundertsten Geburtstag der Jazz-Ikone Billie Holiday. Als Mitglied mehrerer Jazz-Formationen hat sich Christoph Hegi tief in diese Musik eingelebt. Der gebürtige Pole Roman Dylag (Bass) scheint ein Naturtalent zu sein, schon als Kind spielte er Akkordeon und Klavier. Seither hat er international Anerkennung gesammelt, in der Schweiz bei der Big Band von Paul Kuhn und seit 1981 bei der DRS Big Band. Der bald Achtzigjährige hat seinen Sinn für Rhythmus und Improvisationen behalten. Die Eigenart dieses Konzertes besteht darin, dass Billie Holiday keine Noten hinterlassen hat. „Wir haben die aufgeführten Stücke anhand von Platten rekonstruiert und in Noten festgehalten“, erklärte Christoph Hegi. Dabei wurde der Improvisation (wie im Original) viel Raum gelassen, was vor allen in den langen instrumentalen Einlagen zur Geltung kam, was jeweils spontanen Zwischenapplaus hervorrief. Beatrice Virginia brauchte überhaupt keine Noten und vermittelte damit ein authentisches Abbild von Billie Holiday.

Bericht: Kurt Buchmüller

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